Darf man Baumwurzeln entfernen, die vom Nachbarn herüber wachsen?

Typischer Anlass für Streit am Gartenzaun: Der Baum vom Nachbarn steht so nah an der Grundstücksgrenze, dass seine Wurzeln auf das Nachbargrundstück herüberwuchern. Dabei können hoch liegende Wurzeln den Rasenmäher behindern oder das Pflaster vom Stellplatz hochdrücken. Kann der Nachbar die Wurzeln jetzt einfach zurückschneiden, auch wenn der Baum dadurch womöglich eingeht?

Typischer Anlass für Streit am Gartenzaun: Der Baum vom Nachbarn steht so nah an der Grundstücksgrenze, dass seine Wurzeln auf das Nachbargrundstück herüberwuchern. Dabei können hoch liegende Wurzeln den Rasenmäher behindern oder das Pflaster vom Stellplatz hochdrücken. Kann der Nachbar die Wurzeln jetzt einfach zurückschneiden, auch wenn der Baum dadurch womöglich eingeht?

Frankenthal. Wenn vom Nachbargrundstück herüberwachsende Baumwurzeln die Nutzung des eigenen Grundstücks beeinträchtigen, darf man sie entfernen. Zu dieser Selbsthilfe darf man sogar dann greifen, wenn der Baum des Nachbarn dadurch abstirbt. So hat es jedenfalls das Landgericht Frankenthal entschieden (Urteil vom 11.08.2021, AZ.: 2 S 132/20). Dabei stützt sich das Gericht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu herüberwuchernden Ästen.

Der Streit drehte sich um eine Fichte, die gleich an der Grundstücksgrenze stand. Die Wurzeln des Baumes wucherten auf das Nachbargrundstück herüber. Der Nachbar fühlte sich dadurch in der Nutzung seines Gartens gestört – unter anderem deshalb, weil die Wurzeln das Rasenmähen schwierig gestalteten. Die Eigentümer der Fichte wollten aber nichts am Wurzelwerk ändern, weil sie befürchteten, dass der Baum dadurch absterben würde.

Nachbar darf Baumwurzeln zurückschneiden

Daher versuchte der Nachbar, vor Gericht eine Erlaubnis zum Abschneiden der Wurzeln zu erstreiten. Mit Erfolg: Nach dem das Amtsgericht seiner Klage stattgegeben hatte, scheiterte auch die Berufung der Baum-Eigentümer vor dem Landgericht Frankenthal. Das Gericht entschied, dass der Nachbar die Baumwurzeln im Wege der Selbsthilfe selbst entfernen darf, wenn der Eigentümer des Baumes das selbst nicht tun möchte.

Dabei müssen eventuell bestehende Vorgaben des Naturschutzes beachtet werden. Allein das Argument, dass der Baum absterben könnte, ist für sich genommen aber kein ausreichender Hindernisgrund. Der Baum-Eigentümer muss den Rückschnitt trotzdem dulden. Das gilt aber nur für jene Wurzeln auf dem Nachbargrundstück, die den Nachbarn wirklich beeinträchtigen – also etwa so hoch liegen, dass sie den Rasenmäher behindern.

Tiefer liegende Wurzeln des Baumes, die den Nachbarn nicht stören, darf er auch nicht zurückschneiden. Mit der Entscheidung wendet das Landgericht auf den vorliegenden Fall analog genau jenen Tenor an, den ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) hatte. Die Bundesrichter hatten darin für den Fall von Ästen, die auf das Nachbargrundstück herüberragen, genau das Gleiche entschieden. Mehr zu diesem BGH-Urteil ist hier nachzulesen.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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